Ich schreibe diesen Text nach einer Idee die mir diese Woche in den Sinn kam, nachdem ich ein uraltes Video von Vera Birkenbiehl gesehen hatte. Diese wundervolle Frau hat ja ihre Erkenntnisse in sehr schönen und unterhaltsamen Vorträgen öffentlich gemacht, RIP.
Alles das was ich hier schreibe, gilt zunächst nur für mich. Es sind meine Wahrheiten, meine Erkenntnisse und auch wenn ich gelegentlich die Verallgemeinerung verwende, schaust Du als Leser bitte selbst, was für dich stimmig und richtig zu sein scheint.
Vor längerer Zeit las und hörte ich bereits, dass das Gehirn eine Negierung eines Sachverhaltes nicht begreifen kann. Fast jeder dürfte Watzlawiks „Denken sie nicht an rosa Elefanten!“ kennen (weiß gar nicht genau, ob es von W. ist, schon mal ein gutes Beispiel für ein Negativabgrenzung, holla, hab es selbst erkannt).
Einige Jahre später, wurde dieser Grundsatz, dass das Gehirn die Negierung nicht begreifen kann, von einem Bekannten in Frage gestellt. Und tatsächlich weiß ich gar nicht wie das Gehirn mit Negierung umgeht. Also war für mich die Frage, ob dieser obige Glaubenssatz wirklich richtig ist, erst mal auf eine Probe gestellt und immer wieder dachte ich darüber nach. Vorab, jetzt weiß ich, dass es wirklich nicht geht, und das soll in diesem Text behandelt werden.
Grundlagen meines Denkens – Positivabgrenzung versus Negativabgrenzung
Ein lieber Freund von mir, fragte mich vor einigen Monaten, was denn diese Begriffe Positiv- und Negativabgrenzung, in einer Unterhaltung mit ihm bedeuteten. Da wurde mir wieder klar, dass ja erst die Ausgangspunkte geklärt werden sollten, auf denen sich eine Unterhaltung bis zum Philosophieren entwickeln sollte.
Ein Ding, eine Sache, ein Handeln, ein Tun, ein Ziel, egal – etwas was ich ganz klar benennen kann und auch in den Grenzen einigermaßen (wohl wissend, dass es oft fließende Grenzen sind) genau bezeichnen kann, dann nenne ich das Positivabgrenzung. Aus dem ganzen unendlichen Universum benenne ich eine bestimmte Sache. Das ist für mich Positivabgrenzung.
Andersherum als Negativabgrenzung bezeichne ich die Abgrenzung in der Negierung: Diese Abgrenzung ist, obwohl sie dermaßen oft verwendet wird, bedeutend unkonkreter und bedeutend schwieriger zu fassen und auch zu erklären. Oft gibt es solche typischen Bezeichnungen, dass etwas nicht sein soll/will/kann/darf/muss. Ich möchte nicht …. Ich kaufe kein …. Ich interessiere mich nicht für … Ich denke nicht an rosa Elefanten. Aber an was denn nun genau? Wir brauchen für die Abgrenzung dessen was NICHT, genau die Beschreibung, dessen was NICHT, um letztlich nicht über diese Grenze zu treten. Denken Sie nicht an rosa Elefanten. Scheiße, es funktioniert einfach nicht. Ich brauche den Fokus auf den rosa Elefanten, um das andere zu sehen, was nicht der rosa Elefant ist.
Kleine Übung:
Wenn Dir eine Negativabgrenzung in Deiner Kommunikation auffällt, nimm es wahr und benenne sie als Negativabgrenzung, dessen was NICHT. Und versuche dann die Abgrenzung des jeweiligen Sachverhaltes als Positivabgrenzung zu beschreiben.
Beispiel: Ich will keine Steuererhöhung, ok, Negativabgrenzung, aber was denn dann genau? Vielleicht eine neue Steuerart gefällig, oder nennen wir es einfach mal Abgabe für XY-Schießmichtot.
Das unendliche Universum
Ob das Universum unendlich ist, sei dahin gestellt, jedenfalls so dermaßen groß, dass es für uns kleine Fleischklöpschen nicht in der Gänze erkannt werden kann. Also viel viel mehr, als das, was wir sehen/verstehen/begreifen.
In dieser unendlichen Realität können wir auf einen winzigen Aspekt weisen, wenn wir diesen beschreiben können. Mit einer Positivabgrenzung setzen wir in der Unendlichkeit eine Grenze (diese darf auch unscharf/fließend sein) für das, was wir meinen. Wir konzentrieren uns mit unserem Fokus auf diesen Bereich der Unendlichkeit und können das klar und genau beschreiben (so uns das gelingt, was noch nicht heißt, das uns ein anderer mit einer anderen Wahrheit/Realität auch versteht). Stelle Dir jetzt nochmal den rosa Elefanten vor. Das geht, ganz klar fokussiert.
Und warum geht die Negativabgrenzung nicht?
Weil unser Gehirn begrenzt ist. Wir können unser Gehirn nicht auf die Unendlichkeit richten, auf alles, was in dieser Unendlichkeit nicht das Negativabgegrenzte betrifft. Wir werden bei unseren Gedanken immer in der Nähe der Grenze bleiben, um ja nicht über die Grenze zu treten, dessen was NICHT.
In Übungen können wir uns ganz absurde Gedanken machen und werden trotzdem immer wieder prüfen, ob unsere absurden Gedanken wirklich nicht mit dem der Negativabgrenzung zu tun haben. Denken sie nicht an rosa Elefanten! Ok, ich denke an ein Gespäch mit meinem Steuerberater. Ich prüfe das jetzt: Ja, das ist Ok, dieses Gespräch mit meinem Steuerberater hat nichts mit rosa Elefanten zu tun. Upps, ich prüfe das indem ich mir rosa Elefanten vorstelle und schwupps ist mein Fokus, meine Aufmerksamkeit/meine Energie bei diesem verrückten farbigen Elefanten.
Ich brauche eine Positivabgrenzung für eine Negativabgrenzung. Es gelingt niemandem an wirklich alles in dieser Unendlichkeit zu denken, was nicht NICHT. Und das auch noch gleichzeitig, denn der Bereich des nicht NICHT ist unendlich groß.
Kannst Du üben
Ich finde Negativabgrenzung ist nichts Schlimmes. Wir müssen uns nur bewusst sein, dass es eine Negativabgrenzung ist. Oft gelingt es durch die Klarheit einer Negativabgrenzung, eine Positivabgrenzung zu finden.
Beispiel: Was wollen wir esssen: Keine Nudeln – ok, Negativabgrenzung, aber was dann? Ein Reisgericht, Kartoffeln, Gemüse, Suppen, Fleisch, gekocht, gegrillt, gebraten. Das wird einfach dermaßen unkonkret, dass jedem anderen in so einer Kommunikation auch nicht klarer wird, in seiner Frage, was es zu Essen geben soll. Und ja, es gelingt im Erkennen dieser Negativabgrenzung, sich klar zu machen, worum es in der Frage eigentlich wirklich ging, nämlich, WAS es zu Essen geben soll und nicht, was es nicht zu essen geben soll.
Brat mir doch einer den Storch und als Dessert Kochkuchen
Genau der gebratene Storch, ist so konkret, dass ich mir aus dem Universum genau ein Essen mit Dessert herausgesucht habe, was es geben soll/kann/darf.
Ich sehe in jedem Fall noch einen positiven Aspekt der Negativabgrenzung und das ist die Verwirrung. Wenn ich meinen Geist auf das was nicht NICHT konzentriere, kommt mein Geist nicht nach und es besteht die Chance des Leerwerdens. Einfach ein paar Mal machen und aus der Klarheit der Unklarheit heraus, kann etwas Neues entstehen, oft auch eine ganz neue Fragestellung. Ich wähle in diesem Fall als Nachtisch dann immer den Kochkuchen.
Übung:
Vermeide es in der zwischenmenschlichen Kommunikation solche Sachen zu verwenden, wie, „Ich möchte nicht“, … Erkennen solche Begriffe wie „nie“, „nicht“, „keine“, … in Deinen Worten/Sätzen und prüfe ob es sich um eine Negativabgrenzung handelt. Komm in die Klarheit, indem Du diese als Negativabgrenzung klar bezeichnest. In diesem Moment ändert sich die Aufgabenstellung an den Geist und es kann gelingen eine Positivabgrenzung zu finden.
Fazit:
Wenn ich mir der Negativabgrenzung bewusst werde, diese erkenne und insbesondere auch anerkenne, entsteht im Geist ein andere Fragestellung und ich bekomme eine neue Klarheit. Eine Negativabgrenzung ist nichts Schlechtes, sie hilft uns nur auf die Sprünge zu einer (bewussten) Positivabgrenzung zu dem was SEIN darf/soll/kann/muss.
Ein Negativabgrenzung bindet unsere Energie auf das NICHT. Damit ist der Fokus klar auf das gerichtet was NICHT, um ja nicht auf das gerichtet zu sein was NICHT. Eine verrückte Selbstreferenz, ein nicht zu lösender Zirkelschluß.
(Niels Reszies 19.02.2021)